Kurven des Schreckens

Titelbild: © sora.chatgpt.com

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Charts, die nachdenklich machen

Schief hängender Koalitionssegen

Es ist ein offenes Geheimnis, dass es in der Regierungskoalition nach nicht einmal einem Jahr bereits heftig kriselt. Die Umfragewerte von CDU und SPD stagnieren bzw. sinken immer weiter ab. Jede Andeutung eines Reformbemühens durch die CDU wird von der SPD im Keim erstickt. Die Sozialdemokraten suchen ihr Heil links, die CDU laviert zwischen links und der selbstgewählten Brandmauer. Das Reform-Argentinien von Javier Milei (wir berichteten in der letzten Woche) ist, um es mit der früheren Außenministerin zu sagen, in der Tat ein Hunderttausende Kilometer entfernt liegendes Land.

Wohl am augenfälligsten wird der Zustand der Koalition anhand der Zitate des CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn. In einem Interview von Ende Oktober kam er noch zu dieser Einschätzung: „Wir gewinnen gemeinsam, wir verlieren gemeinsam. Im Moment verlieren wir gemeinsam, die Umfragen sind brutal.“ Die Aussage verweist zwar auf die großen Schwierigkeiten, betont aber den Willen, an der Koalition festhalten zu wollen (Zweimal „gemeinsam“ in nur einem Satz). Nicht einmal eine Woche wird der gleiche Jens Spahn mit folgendem Satz aus einer an sich geheimen CSU-Sitzung zitiert „Wir werden nicht gemeinsam sterben mit denen“.

Das offenbar gezielt durchgestochene Zitat ist ein Warnschuss in Richtung SPD, sich um den eigenen Laden zu kümmern und die Sticheleien in Richtung des Kanzlers zu unterlassen. Die bemühte Skandalisierung der „Stadtbild“-Äußerung, so ungeschickt und zutreffend sie auch gewesen sein mag, dient ganz sicher nicht der Erhaltung der Koalitionsfriedens. Es ist der durchsichtige Versuch, auf Kosten des Koalitionspartners etwas Profil zu gewinnen. Und was sagt der Kanzler dazu? Wie gehabt, heute dies, morgen das und übermorgen etwas ganz anderes, Hauptsache optimistisch, weil er wohl irgendwo einmal aufgeschnappt hat, dass Wirtschaft auch Psychologie sei – aber eben nur auch.

Warten auf die Wende

Und diese Psychologie, angefangen von den „spürbaren Entlastungen“ schon im Sommer, bis zum „Herbst der Reformen“ wird zur Lachnummer, wenn tagtäglich Zahlen hereinkommen, die das genaue Gegenteil verkünden. Die Wirtschaftswende blieb aus, jedenfalls die nach oben. Unternehmen ächzen unter Bürokratie, enormen Kosten und einer verfehlten, standortfeindlichen Politik, besonders auffällig im Bereich Energie. Es ist kein Wunder, dass der MDAX, der Index der deutschen Hidden Champions, seit Jahren dem DAX hinterherhinkt, der im Wesentlichen von Solitären wie SAP und Deutsche Telekom angetrieben wird.

Zumindest scheint sich der Bundeskanzler des Standortproblems inzwischen bewusst zu sein. In einer Fraktionssitzung soll er eine beängstigende Grafik des ifo-Instituts gezeigt haben, in der die ohnehin schon alarmierende mehrjährige Stagnation des deutschen BIP auf eine Weise zerlegt wird, die jedem Ökonomen den Angstschweiß auf die Stirn treiben müsste. Denn, das, was in Deutschland wächst, und zwar um +25% seit 2015, ist der unproduktivste Teil von allem, der staatliche Konsum. Dagegen liegen die privaten Investitionen heute wieder auf dem Niveau von vor zehn Jahren. Ifo-Präsident Clemens Fuest kommentiert diese Situation als dramatisch und spricht von einem wirtschaftlichen Niedergang Deutschlands.

Merz kündigte an, mit dem Koalitionspartner künftig „Klartext“ reden zu wollen. Bekanntlich ist für die SPD jedes Problem ein Nagel, das nach dem „Mehr Staat“-Hammer ruft. Wie Merz das konkret anstellen will, bleibt sein Geheimnis. Schließlich belehrte er uns doch erst vor kurzem, dass Finanz-, pardon, „Investitionsminister“, oder wie es jetzt eigentlich korrekt heißen müsste „staatlicher Konsumminister“ Lars Klingbeil sensibel sei, also verschnupft auf Kritik reagiert. Ob die Präsentation überhaupt eine Konsequenz haben wird, ist beim „Anti-Milei“ Merz aber völlig offen.

Erneuter Crypto-Crash

Mit einer anderen Horror-Kurve machten dieser Tage Krypto-Fans Bekanntschaft. Bitcoin, Ethereum & Co. fielen gestern wie ein Stein, nachdem sie schon am Vortag deutlich nachgegeben hatten. Dies ist damit der zweite Schwächeanfall innerhalb nicht einmal eines Monats. Den letzten empfindlichen Kursrücksetzer gab es am 10. Oktober. Das überraschte die Anleger vor allem deshalb, weil bis dahin eigentlich fast alle Zeichen auf weiter steigende Krypto-Kurse deuteten. Mit der US-Regierung wusste man einen starken Unterstützer auf seiner Seite und durch GENIUS und CLARITY Act wurde jene regulatorische Sicherheit vorangebracht, welche die Anlageklasse dann wiederum breiteren Anlegerschichten erschließen sollte. Unter Anhängern gilt der Oktober zudem als „Uptober“, was saisonalen Rückenwind implizieren soll, sofern man aus der kurzen Historie des Bitcoins bereits ernsthaft eine Saisonfigur ableiten möchte. Analyse und Marketing verschwimmen in dieser Szene.

Wesentlicher Auslöser des Crashs war insbesondere die Aussage von Fed-Chef Jerome Powell, dass nach der jüngsten Zinssenkung im Oktober keine weitere Senkung im Dezember garantiert sei. Dies verringerte die Erwartungen an weitere monetäre Unterstützung, was zu Verkaufsdruck bei riskanteren Vermögenswerten wie Kryptowährungen führte. Dazu kamen dann kaskadenartige Verkäufe und Liquidationen, die den Kurs durch mehrere Unterstützungen nach unten trieben. Gestern Nachmittag notierte der Bitcoin sogar für mehrere Stunden unterhalb von 100.000 USD, was dann doch von einigen als Kaufgelegenheit wahrgenommen wurde. Vermutlich war auch Michael J. Saylor von Strategy (WKN: 722713) wieder auf der Käuferseite, die Episode und die Entwicklung seines Aktienkurses zeigen jedoch, dass die Strategy-Strategie nicht ohne Risiken ist. 

Erträge der Zukunft – und ihr Preis in der Gegenwart

Die Aussichten auf eine Verlangsamung des Zinssenkungspfads lasteten zudem auf Wachstumsaktien. Hier wird besonders viel Zukunft gehandelt und die wird umso höher bewertet, je geringer der Abzinsungsfaktor ausfällt. Entsprechend ist der Druck durch eine restriktivere Geldpolitik in diesem Bereich besonders hoch. Dazu kommt, dass jene Aktien, die den Aufschwung über die letzten Jahre vor allem getragen haben, in ambitionierte Bewertungen hineingewachsen sind. Die entsprechenden Unternehmen dürfen sich demnach auch bei ihrer Quartalsberichterstattung und dem Ausblick nicht viel zuschulden kommen lassen, wenn sie nicht den Zorn der Marktteilnehmer heraufbeschwören wollen.

Exemplarisch sei an dieser Stelle die Palantir-Aktie (WKN: A2QA4J) erwähnt. Die Q3-Zahlen waren nicht weniger als glanzvoll und lagen deutlich über den Markterwartungen. Der bereinigte Gewinn je Aktie betrug 21 Cent (erwartet wurden 17 Cent) und der Umsatz erreichte 1,18 Mrd. USD (erwartet: 1,09 Mrd. USD) – ein Wachstum zum Vorjahr um starke +63%.​ Sogar der Ausblick für Q4 mit einem Umsatz von 1,33 Mrd. USD (erwartet: 1,19 Mrd. SUD) wurde positiv bewertet. Der Haken: Das 2025er KGV liegt jenseits von 400 und das 2026er KUV bei mehr als 80. Letztlich gab der Kurs in der Sitzung nach Bekanntgabe der Zahlen um mehr als 7% nach. Bei Aktien in solchen Bewertungshöhen, scheint nicht einmal mehr das Schlagen der Markterwartung als Kaufanreiz auszureichen.

Zu den Märkten

Zwar nicht als Kurve des Schreckens, jedoch stark durchwachsen präsentierte sich der heimische DAX. Wir haben die Unterstützungslinie hier an die letzten markanten Tiefs angepasst, was dazu führt, dass der deutsche Leitindex noch immer komfortabel in seiner Schiebezone verweilt. Auf Basis der alten Linie hätte er die Unterstützung angekratzt. Zwar gab es auch bei deutschen Blue Chips Kursrückgänge, aber bereits gestern und heute zeigt sich im Sitzungsverlauf eine gewisse Rückkaufsneigung. Die große Richtungsentscheidung, evtl. sogar Richtung Jahresendrally, wurde erneut vertagt.

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Musterdepots & wikifolio

In der Rubrik Musterdepots & wikifolio berichten wir über eine noch immer offene Transaktion und eine Eigenheit des Uranmarktes. Die Entwicklung des Aktien-Musterdepots finden Sie in Ausgabe 43. Im Musterdepotbereich können Sie sich durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich zu lesen, müssen Sie Abonnent des Substanz Investor Magazins sein und sich auf der Substanz-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@substanzinvestor.de an.

Fazit

Das bundesdeutsche BIP ist bestenfalls flach wie ein Brett und es kaschiert den bittersten Teil der Wahrheit. Die deutsche Konjunktur zieht sich durch Staatskonsum – schulden- und steuerfinanziert – wie Münchhausen selbst aus dem Sumpf.

Ralf Flierl, Ralph Malisch

 

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Die Charts wurden erstellt mit stock3 und Tai-Pan von Lenz+Partner. Diese Rubrik erscheint jeden Mittwochnachmittag.

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