Trump trompetet …

Titelbild: © sora.chatgpt.com

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… und Silber jodelt vom Allzeit-Gipfel

Playbook für Investoren

Trump twittert uns schwindlig. Zunächst kündigt China am Donnerstag letzter Woche Exportkontrollen für Seltene Erden an, die wichtiger Grundstoff in der High-Tech-Fertigung sind. Der US-Präsident reagierte gleich am Freitag. In sozialen Netzwerken verkündet er, ein geplantes Treffen mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping könne abgesagt werden. Außerdem werde er womöglich Einfuhrzölle auf chinesische Produkte um 100 Prozent erhöhen. Exportkontrollen für kritische Softwareprodukte könnten zusätzlich verhängt werden.

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Die Aktienkurse knicken daraufhin im Freitagshandel weg, bis dahin erreichte Wochengewinne im US-Leitindex S&P 500 werden innerhalb weniger Stunden ausradiert. Sonntagabend rudert Trump zurück. Montag erholen sich die Kurse, der Dienstag bleibt richtungslos, Anleger suchen Orientierung. Der Marktbeobachter Adam Kobeissi (@TKL-Adam) entwickelt auf X für genervte Investoren ein freches Playbook, dem Trump häufiger zu folgen scheint. Eine gewisse Wahrheit steckt drin, obwohl wir streng empfehlen, die Rezeptur als Anleger nicht blind nachzukochen:

1. Trump twittert über, z.B. über neue, heftige Zölle. Der Markt crasht. 2. Dip-Käufer treten auf den Plan, verbrennen sich aber die Finger. 3. Nach Marktschluss freitags legt Trump nach, um Druck bei der Gegenseite aufzubauen. 4. Üblicherweise samstags macht die Gegenseite leichte Zugeständnisse. 5. Am Sonntag, bevor die Futures notieren, trompetet Trump via Truth Social, man arbeite an einer Lösung des Problems. 6. Die sonntäglichen Futures schnellen hoch, verlieren aber in den Montag hinein Momentum. 7. Nachdem die US-Börsen am Montag eröffnet haben, tritt ein US-Offizieller live im TV auf und verbreitet Zuversicht. Der Markt beruhigt sich zunächst einigermaßen. 8. In den folgenden Wochen lassen Mitglieder der Trump-Administration durchsickern, es werde einen Deal geben. 9. Trump verkündet den Deal und der Markt erklimmt ein neues Rekordhoch. – Anschließend geht es wieder von vorn los mit Punkt 1.

Gerade deutet Fed-Chef Jerome Powell übrigens an, die Fed könne die Zinsen demnächst senken. Beim Playbook dürfen wir das zwischen Punkt 6 und Punkt 7 einordnen …? Jedenfalls atmen Börsianer auf, der Kaufzeigefinger nähert sich der Enter-Taste.

Silber auf Allzeithoch

Im Weekly vom 2. April 2025 empfahlen wir Silber: „Experten sehen von daher Nachholbedarf beim Silberkurs und historisch betrachtet ist es häufig so, dass der Silberpreis dem Goldpreis nachläuft.“ Heute steht der Kurs 50% höher, erreichte diese Woche ein Allzeithoch. Das muss noch nicht das Ende der Hausse sein. Denn es kommen Meldungen herein, dass physisch vorhandenes Silber knapp zu werden beginnt.

Es ist etwas anderes, ob sich Spekulanten, Wertpapierhändler und private ETC-Käufer das Edelmetall auf elektronischem Weg gegenseitig verkaufen, oder ob ein Käufer aus der Industrie das Metall braucht und real für seine Produktion geliefert haben möchte. Silber ist ähnlich wie Platin oder Seltene Erden in der Industrie schwer ersetzbar. Entsprechend schlägt das US-Innenministerium jetzt vor, das weiße Metall in die Liste der kritischen Mineralien aufzunehmen. Schon das Gerücht der Knappheit von physischem Silber treibt den Preis. Am 20. Oktober beginnt in Indien zudem das fünftägige Diwali-Festival, traditionell kaufen Inder im Vorfeld Silber. In London weitet sich die Spanne aus zwischen dem Kauf- und Verkaufspreis von physischem Silber: auf mehr als 20 Cent je Unze, bei reibungslosem Handel sind 3 Cent üblich. Erinnerungen an die 1970er-Jahre werden wach.

Damals kauften die Gebrüder Hunt, schwerreiche Sprösslinge einer Öldynastie aus Texas, Millionen Unzen Silber auf, zunächst mit eigenem, dann mit geliehenem Geld. Die Brüder trieben den Silberpreis auf Rekordhöhen, da sie durch das Horten von Silber künstlich Knappheit erzeugten, also den Markt „cornerten“. Die Spekulation ging letztlich schief. Die Börsenaufsicht der COMEX verschärfte die Regeln zu Lasten der Käufer. Mit der berüchtigten „Silver Rule 7“ wurde die Spekulation endgültig gebrochen. Der Preis brach ein, die Hunts erlitten einen Milliardenverlust und Silber konnte erst jetzt, rund 45 Jahre später, die Preisspitze von damals nachhaltig überschreiten.

In Deutschland fällt beim Kauf physischen Silbers die Mehrwertsteuer an. Wer das vermeiden möchte, wird sich Exchange Traded Commodities (ETC) näher anschauen wie den iShares Physical Silver (WKN: A1KWPR) oder den WisdomTree Physical Silver (WKN: A0N6XJ). Die ETC sind Inhaberschuldverschreibungen. Sie bilden den Silber-Kassapreis ab, im Gegensatz zu physischer Ware verkörpern sie allerdings – zumindest theoretisch und in äußerst turbulenten Zeiten – auch ein Insolvenzrisiko.

Die wahren Gewinner der KI-Revolution

Zuverlässig begeistern sich Börsianer für technologische Durchbrüche. Sie führen zu Überschwang und enden oft im Katzenjammer. Auch Wohlstand und sogar Reichtum erzeugen solche Durchbrüche, aber zumeist an anderer Stelle, als ursprünglich gedacht. Im 19. Jahrhundert wurde die Eisenbahn erfunden. Der schnelle Transport von Passagieren und Gütern überzeugte Geldgeber. Sie investierten und verloren Milliarden. Die Konkurrenz war zu groß, der Eisenbahnbau überraschend teuer, die Rendite zu gering. Es ist ein Muster, das sich wiederholt: bei der Einführung des Radios, des Telefons, des Glasfaserkabels. Die Technik begeistert, sie setzt sich durch. Aber die hastigen Milliardeninvestitionen in neue Technik können die Aktiengesellschaften selten wieder hereinholen, und die Börsenkurse der hoffnungsfrohen Innovatoren kommen unter die Räder.

Ob es den heutigen Hyperscalern Amazon, Alphabet, Meta Platforms, Microsoft, etc. ähnlich ergehen wird, ist offen. Auffällig aber sind die Parallelen. So werden aktuell von den genannten Unternehmen Milliarden in Beton und Energieversorgung von KI-Rechenzentren gesteckt. Abermilliarden werden für Hochleistungshalbleiter ausgegeben, die doch innerhalb weniger Jahre veraltet sind. Währenddessen ist unklar, ob Verbraucher und Industrie bereit sein werden, für KI-Leistungen so viel zu bezahlen, dass die Investitionen hereinkommen können, geschweige denn die Gewinnzone erreicht wird. Die wahren Gewinner des KI-Booms werden nach Einschätzung von Experten nicht die Anbieter von KI sein, sondern ihre Nutzer: wendige Biotech-Firmen wie Lonza Group (WKN: 928619) aus der Schweiz, ein Motorenentwickler wie MTU Aero Engines (WKN: A0D9PT) oder schlanke Drohnenkonstrukteure wie DroneShield Limited (WKN: A2DMAA).

Zu den Märkten

Einmal mehr ist der DAX knapp an seinem Allzeithoch gescheitert – zumindest auf Schlusskursbasis. Im Verlauf der Donnerstagssitzung war mit 24.771, 34 Punkten sogar noch ein historischer Hochpunkt markiert worden, die Begeisterung hielt allerdings nicht einmal bis zum Ende der Sitzung. Der Schlusskurs lag nur wenige Punkte oberhalb des Tagestiefs. Zu allem Überfluss waren auch noch die Umsätze rückläufig. Alles in allem erfolgte der Rekord also ohne echte Anteilnahme. In diese schwächliche Marktverfassung traf dann am Freitag der China-Zoll-Tweet von US-Präsident Trump. Der DAX ging direkt in den Abwärtsgang über, allerdings nur unter leicht ansteigenden Umsätzen. Per Redaktionsschluss dieser Ausgabe hat sich der Markt um 24.200 Punkte stabilisiert und befindet sich wieder in seinem Konsolidierungsdreieck.

Als Fazit dieser Episode bleibt festzuhalten, dass es im Moment an Mut für einen nachhaltigen Ausbruch nach oben ebenso fehlt, wie an Panik für einen Abverkauf.

Substanz Investor in den Medien

Dominik Kettner, Chef des reichweitenstarken YouTube-Kanals „Kettner-Edelmetalle (Gold & Silber)“ (457.000 Abonnenten) bat Substanz Investor Chefredakteur Ralf Flierl zum Gespräch. Herausgekommen ist ein knapp 45-minütiger Rundumschlag zu den aktuellen Wirtschafts- und Gesellschaftsthemen dieser Tage und ein Ausblick, der es in sich hat. Dabei nahmen beide Herren wie gewohnt kein Blatt vor den Mund und scheuten auch nicht davor zurück, die Möglichkeit extremerer Szenarien abzuklopfen. Spannung pur mit einem mehrwertigen, realen Hintergrund.

Musterdepots & wikifolio

In der Rubrik Musterdepots & wikifolio berichten wir heute über eine Transaktion. Das große und sehr erfreuliche Monats-Update für September finden Sie hier. Im Musterdepotbereich können Sie sich durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich zu lesen, müssen Sie Abonnent des Substanz Investor Magazins sein und sich auf der Substanz-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@substanzinvestor.de an.

Fazit

Nach rund 45 Jahren konnte der Silberpreis die Hunt-Spitze nachhaltig überwinden. Was dahintersteckt, und warum wir hier noch weiter steigende Kurse erwarten, lesen Sie im neuen Substanzinvestor 11/2025, der Ende Oktober erscheint.

Ralf Flierl, Frank Sauerland, Ralph Malisch

 

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Die Charts wurden erstellt mit stock3 und Tai-Pan von Lenz+Partner. Diese Rubrik erscheint jeden Mittwochnachmittag.

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