Milei trotzt überraschend den Vorhersagen
Buenos Aires erneut „geflipped“Am 27. Oktober 2025 sorgte der überraschende Triumph von Präsident Javier Milei und seiner Partei La Libertad Avanza bei den argentinischen Zwischenwahlen für Furore. Einmal mehr blamierte sich der deutsche Mainstream mit seinen Prognosen über eine bevorstehende Niederlage bis auf die Knochen. Es ist in diesen Formaten schon seit Jahren üblich, eher dem Wunschdenken der eigenen Blase Ausdruck zu verleihen als ernsthafte Analyse zu betreiben. Wir kennen dies von den US-Präsidentschaftswahlen. In Argentinien interessiert das niemanden und in Deutschland hat man sich an das stets belehrende Hintergrundrauschen irgendwie gewöhnt. Auch Bundeskanzler Friedrich Merz macht weiter vor allem durch eine Ansammlung schlecht gealterter Aussagen von sich Reden. So mokierte er sich in einer Maischberger-Talkshow über die seinerzeitige Empfehlung des früheren Finanzministers Christian Lindner, mehr Milei zu wagen. Merz sei „ehrlicherweise völlig entsetzt gewesen“. Der Mann, also Milei, ruiniere sein Land und trete wirklich (!) die Menschen mit Füßen. Von Wahlergebnissen jenseits der 40% kann Merz bis heute allerdings nur träumen.
Bemerkenswert ist, dass es Milei gelang, die Region Buenos Aires zu „flippen“ und dort mit mehr als 41% eine Mehrheit zu holen. Bei den Regionalwahlen im September zog er in der zentralen und peronistisch dominierten Schlüsselprovinz noch den Kürzeren, was unmittelbar Währungs- und Aktienmarktturbulenzen auslöste. Der losbrechende Sturm konnte nur durch US-Unterstützung halbwegs eingedämmt werden. Mit 64 Sitzen (bisher: 37) hat Milei im Parlament nun die Sperrminorität. Im argentinischen Präsidialsystem ist diese entscheidend. Damit kann Milei seine Reformpolitik weiter vorantreiben. Obwohl er in dem Land, das unter Jahrzehnten peronistisch/sozialistischer Misswirtschaft unter die Räder gekommen war, schon beachtliche Erfolge bei Haushaltskonsolidierung und Armutsbekämpfung erzielen konnte, bleibt der Weg in nachhaltige wirtschaftliche Prosperität steinig.

Die Anleger reagierten erleichtert, dass das nach den Regionalwahlen befürchtete peronistische Revival an dem Land noch einmal vorübergegangen war. Der Merval schnellte am Tag nach der Wahl um knapp 22% nach oben. Eindeutiger kann das Urteil eines Marktes nicht ausfallen. Im Chart zeigt sich, dass dies sowohl für Anleger im chronisch schwachen Peso (schwarze Linie) als auch im Euro (rote Linie) als Initialzündung zum Ende der Konsolidierung bewertet werden kann. Falls Milei auf seinem Reformkurs gut vorankommt und noch mehr Früchte seiner Arbeit sichtbar werden, könnte Argentinien zu einem Leuchtturm für jene Länder werden, die einen Weg zur Befreiung aus dem bürokratischen Sozialismus suchen.

Abverkauf unter magische Marken
Als wir zuletzt vom Katzenjammer bei den Edelmetallen sprachen, die dem Gipfelsturm folgten, war dies noch nicht das Ende. Es kam zu weiteren Abverkäufen, in deren Folge Gold unter die erst vor wenigen Wochen eroberte Marke von 4.000 USD/Feinunze und Silber unter die nicht weniger bedeutsamen 50 USD/Feinunze. War es das mit der Edelmetallhausse?! Wir denken: klares Nein. Denn Gold hat die magische Marke inzwischen schon wieder zurückerobert, bei Silber kann das allerdings noch ein Weilchen dauern. Der Markt war heiß gelaufen und wie es in solchen Phasen immer der Fall ist, zeigt sich erst in der Rückschau an welchem Punkt die Kurse quasi drehen „mussten“. Insofern ist es für Gold- und Silberanleger zwar eine schmerzhafte Erfahrung, aber unter dem Gesichtspunkt der Markttechnik auch eine gesunde Entwicklung.
Zwar lässt sich noch nicht mit Sicherheit sagen, dass die Korrektur damit schon vorüber ist, aber der steile Absturz dürfte etliche Marktteilnehmer aus ihren Positionen geschleudert haben, die eigentlich Edelmetalle halten wollen. Diese befinden sich wieder tendenziell auf der Kaufseite. Wenn nun in den Medien Angst vor Notenbankverkäufen geschürt wird, dann muss man schon mit der Lupe nach Quellen suchen, welche diese Sicht bestätigen. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass jene Notenbanken, die in den letzten Monaten als Käufer auftraten, jetzt – nach dem Einbruch! – auf die Verkäuferseite wechseln. Notenbanker sind in der Regel keine Trader. Wenn bestimmte Mengen an Gold gekauft werden sollen, dann sind sinkende Kurse ein willkommenes Geschenk, um zuzugreifen. Von dieser Seite wird auf ermäßigtem Niveau also eher Nachfrage als Angebot kommen. Vor allem, in welches Vehikel sollten denn die chinesische oder russische Zentralbank das durch Goldverkäufe erlöste Geld stecken? Etwa in US-Dollar?!
Ein Rohstoff, bei dem es – für Deutsche schwer vorstellbar – richtig rund läuft, ist Uran. Gestern machte dieses besondere Metall einen Kurssprung von 16%. Mehr dazu lesen Sie in unserer Rubrik „Musterdepot“.
Vor dem Zinsentscheid
Nach der ersten Leitzinssenkung seit Dezember 2024 um 25 Basispunkte auf 4,00–4,25 Prozent im September, steht die US-Notenbank Fed heute vor der entscheidenden nächstes Zinssitzung. Der aktuelle Datenmix zeigt eine verhaltene Inflation und einen angeschlagenen Arbeitsmarkt. Letzteres spricht klar für eine Zinssenkung am Abend. Ob der beständige Druck durch US-Präsident Trump in Richtung Zinssenkung etwas bewirkt, muss dagegen bezweifelt werden. Zwar ist die Notenbank formal unabhängig, aber dennoch auf vielfältige Weise in die US-Politik eingebunden. Das allzu forsche Drängen Trumps könnte bei Fed-Chef Powell aber Reaktanz auslösen. Zu verlieren hat er nicht viel, denn seine Amtszeit endet ohnehin im Mai 2026 und eine weitere Nominierung kommt nach den Querelen mit dem Präsidenten nicht in Frage. Powell ist zudem Fuchs genug, um Trump keinen „wichtigen Grund“ für eine vorzeitige Amtsenthebung zu liefern. Meinungsverschiedenheiten über die Zinspolitik rechtfertigen eine Amtsenthebung ausdrücklich nicht. Für heute wird laut CME FedWatch mit 90%iger Wahrscheinlichkeit von einer Zinssenkung um weitere 25 Basispunkte ausgegangen. Da die Sache als praktisch ausgemacht gilt, sollte davon aber erst einmal kein weiterer Schub für die Märkte erwartet werden – Sie wissen schon: „Buy the rumour, sell the fact.“

Zahlenparty voraus
Am Mittwoch ist der erste Höhepunkt der US-Berichtssaison. Mehr als 200 Unternehmen berichten heute, morgen sind es sogar mehr als 230. Da kann durchaus die eine oder andere Stinkbombe darunter sein, etwa beim Ausblick. Wie empfindlich der Markt auf eine leichte Verfehlung seiner Erwartungen reagiert, konnte man letzte Woche bei Netflix bestaunen. Nach Quartalszahlen und Ausblick sackte das Papier um volle 10% ab, nachdem erst im Juni ein Allzeithoch erreicht werden konnte. Es wird befürchtet, dass die wachsende Konkurrenz bei Streaming-Diensten künftig auf die Margen drücken wird. Die Aktie war im aktuellen Substanz Investor 11/2025 als „Goodbye“ übrigens eine Verkaufsempfehlung. Sollten Sie sich für ein Abo interessieren, dann schreiben Sie uns gerne unter abo@substanzinvestor.de.

Heute und morgen stehen einige der absoluten Schwergewichte auf dem Programm. Mit Microsoft, Alphabet und Meta Platforms berichten am Mittwoch allein drei der „Magnificent 7“. Am Donnerstag folgen mit Apple und Amazon.com zwei weitere Schwergewichte. Jede einzelne dieser Zahlen hat das Zeug marktbewegend zu sein, und obendrauf kommt noch der Fed-Zinsentscheid. Schnallen Sie sich an, für Volatilität ist gesorgt.

Zu den Märkten
Beim deutschen Leitindex DAX 40 war in den vergangenen Handelstagen so ziemlich genau das Gegenteil von Volatilität zu beobachten. Die Umsätze gingen zurück und die Kurse schliefen fast ein. Solche Phasen schreien geradezu nach einem Ausbruch und einer Ausweitung der Aktivitäten. Offen ist derzeit, in welche Richtung die Pattsituation aufgelöst wird. Aber es bedarf keines prognostischen Talents, um zu vermuten, dass sich der DAX auch dieses Mal wieder stark an den US-Märkten orientieren wird. Obwohl sich alle wichtigen Nachrichten heute und morgen jenseits des Atlantiks abspielen, werden die Auswirkungen direkt an unserem Markt zu spüren sein. Insofern wenig Neues.
Musterdepots & wikifolio
In der Rubrik Musterdepots & wikifolio berichten wir heute über die Entwicklung unseres Fonds-Musterdepots im Oktober und eine Transaktion, die von bestimmten Bedingungen abhängig ist. Die Entwicklung des Aktien-Musterdepots finden Sie in Ausgabe 43. Im Musterdepotbereich können Sie sich durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich zu lesen, müssen Sie Abonnent des Substanz Investor Magazins sein und sich auf der Substanz-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@substanzinvestor.de an.
Fazit
Die Zwischenwahl in Argentinien zeigt, dass es kurzfristig vor allem Überraschungen sind, welche die Märkte bewegen. Mittel- bis langfristig bekommen die Aktienmärkte ihren Rückenwind dagegen von Rahmenbedingungen, die unternehmerisches Handeln und Innovationen ermöglichen. Auch in dieser Hinsicht ist das südamerikanische Land auf einem guten Weg.
Ralf Flierl, Ralph Malisch


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Die Charts wurden erstellt mit stock3 und Tai-Pan von Lenz+Partner. Diese Rubrik erscheint jeden Mittwochnachmittag.


