So schön wird’s „nie wiedia“

Titelbild: © sora.chatgpt.com

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Wie Buffett und Druckenmiller ihre Depots trimmen

To the Moon

Mit Spannung werden heute Zahlen und Ausblick des Chip-Herstellers und KI-Vorreiters Nvidia* (WKN: 918422) erwartet. Sie dürften einem Markt Richtung geben, der zuletzt vor allem jene Risiken einpreist, welche Tech-Schwergewichte wie Microsoft, Meta Platforms* und Amazon mit ihren aberwitzig hoch anmutenden Investitionen in Server und Rechenzentren eingehen. Richtig ist aber auch: Ohne diese Investitionen wird es für die Konzerne nicht möglich sein, ihre Spitzenpositionen in der KI-Revolution zu behalten – sie sind Jäger und Gejagte zugleich.

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Manchem Aktionär scheinen Tech-Milliardäre wie Jeff Bezos (Amazon, WKN: 906866) oder Elon Musk (Tesla, WKN: A1CX3T) im neuen KI-Zeitalter die Bodenhaftung zu verlieren. Eben noch wollte Musk den Mars besiedeln, Bezos Raketen mit Touristen an Bord ins All schießen. Jetzt wird umgeschwenkt. Die Fantasie neu entflammen gerade KI-Rechenzentren auf dem Mond. Oder sie sollen die Erde als Satelliten umkreisen. Kalt genug ist es da oben jedenfalls für heiß gelaufene KI-Chips, und genug Sonnenenergie für den Betrieb wäre vorhanden. Fraglich nur, ob nicht auch die hochfliegenden Pläne und Kurse vor einer Abkühlung stehen?!

Die Egos der Visionäre sind so groß wie ihre Vermögen. Noch größer scheint allerdings ihre Vorstellungskraft, und genau dies ist das Problem vieler Anleger, die auf schnöde Rendite und zahlengespickte Vierteljahresberichte schauen. Phil Metzger ist Professor an der Universität von Florida, er war Mitglied der National Aeronautics and Space Administration. Im Wall Street Journal äußert er die Befürchtung, derzeit sei die Wirtschaftlichkeit weltraumgestützter Rechenzentren nicht gegeben. In zehn Jahren kann das anders aussehen, so Metzger: „Wir suchen seit langem einen Business Case, um ins All hinauszukönnen. Ich denke, KI-Server im Weltraum sind der erste echte Business Case.“

Jeff Bezos ist optimistisch: „Wir werden in den nächsten Jahrzehnten in der Lage sein, die Kosten für terrestrische Rechenzentren im Weltraum zu unterbieten.“ Musk schlägt vor, auf dem Mond KI-Satelliten zu produzieren und mit einem Katapult in die Umlaufbahn zu bringen. Nvidia will bei all den neuen Weltraumplänen nicht ins Hintertreffen geraten und hat eilig eine Partnerschaft mit dem Startup Starcloud angekündigt, um an weltraumgestützten Rechenzentren zu arbeiten.

Was die Anleger von Nvidias hochfliegenden Plänen, vor allem aber den harten Zahlen des realen gegenwärtigen Geschäftsganges halten, werden sie dem Markt heute Nacht mitteilen. Voraussichtlich ab 22 Uhr wird Nvidia beginnen, über sein Geschäft zu berichten. Um die Zeit schließt auch der Präsenzhandel in New York. Aber elektronisch wird die ganze Nacht über gehandelt.

Back to Earth

Statt zum Mond schauen Anleger und Analysten beim Thema KI neuerdings scharf auf die Einnahmen, die sich mit KI-Anwendungen erzielen lassen, und da offenbaren sich sehr irdische Probleme. Egal wie vorgeblich goldgerändert der Quartalsbericht von Nvidia heute sein mag: Wer soll in kommenden Monaten all die getätigten und noch nötigen KI-Investitionen bezahlen, die sündhaft teuren Hochleistungschips, die innerhalb von Monaten veralten oder die monstergroßen Rechenzentren mit Kilometern an verlegten Kabeln und surrenden Lüftern, ganz zu schweigen von den enormen Stromkosten?

Die Endanwender jedenfalls halten die Taschen zu. Sie bekommen ihre KI-Antworten in den Suchmaschinen großenteils kostenlos. Um Gewinnmöglichkeiten für Tech-Aktionäre realistisch einzuschätzen, hilft eine bodenständige Bestandsaufnahme der Situation. KI-Unternehmen wie OpenAI oder Anthropic schreiben fortgesetzt rote Zahlen. Zuckerbergs Meta Platforms (WKN: A1JWVX) schließt komplizierte Kreditdeals mit Private-Equity-Gesellschaften ab. Ein Goldman-Sachs-Bericht prognostiziert, dass OpenAI, an welchem Microsoft (WKN: 870747) beteiligt ist, allein im Jahr 2026 bis zu 75 Mrd. USD ausgeben könnte.

Das viele Geld kann zudem Engpässe bei der Beschaffung nicht lösen. Es fehlt an Gasturbinen, an Strom, an nötigen Genehmigungen, sagt Scott Strazik, CEO von GE Vernova (WKN: A404PC). GE ist einer der größten US-Hersteller von Transformatoren und Gasturbinen. Die gesamte Produktion des Unternehmens ist bis 2028 ausgebucht.

Analysten von JPMorgan haben ein Finanzmodell erstellt, wonach KI-Produkte jährlich 650 Mrd. USD zusätzlichen Umsatz generieren müssten, um angesichts der avisierten Investitionen den risikobereiten Anlegern eine Rendite von 10% bieten zu können. Um das zu erreichen, so übersetzen die Analysten anschaulich, müsste jeder iPhone-Nutzer monatlich zusätzlich 35 USD für KI-Abos ausgeben. Ist das realistisch?

Die Aktien der Top-Investoren

Gerade geben Stanley Druckenmiller, David Tepper und andere Großkönner der Investmentbranche Einblicke in ihre Depots. Einmal im Quartal haben sie ihre Positionen am US-Markt der Börsenaufsicht SEC zu melden. Die „13F Filings“ sind eine Momentaufnahme von Ende September. Die Reaktionen auf die jüngsten Börsenturbulenzen bilden sie entsprechend noch nicht ab. Dennoch ist es spannend zu sehen, wie sich die Profis auch abseits des KI-Hypes positionieren.

Stanley Druckenmiller war früher Portfoliomanager bei George Soros. Heute verwaltet „Druck“ im Duquesne Family Office überwiegend eigenes Vermögen. Bemerkenswert ist sein kräftiges Engagement beim iShares MSCI Emerging Markets ETF (WKN: A0HGWC). Neu sind auch seine Positionen beim Blockchain-basierten Finanzdienstleister Figure Technology Solutions (WKN: A41GD8) sowie bei der Ticketbörse StubHub (WKN: A416HY).

David Tepper, Gründer von Appaloosa Management, ist bekannt für seinen zupackenden Investmentstil. Er greift kräftig zu bei Whirlpool (WKN: 856331), einem Hersteller von Haushaltsgeräten. Tepper setzt auch auf China, stockt deutlich auf beim KraneShares CSI China Internet ETF (WKN: A2PBU9). Warren Buffetts Berkshire Hathaway (WKN: A0YJQ2) steigt neu ein bei Googles Mutterkonzern Alphabet (WKN: A14Y6F) mit Aktienkäufen für 4,3 Mrd. USD. Dafür wird die Apple-Position um weitere 15% reduziert.

Zu den Märkten

In der letzten Woche schrieben wir in Bezug auf die Jahresendrally: „Wenn es eines an den Märkten nicht gibt, dann ist es eine „sichere Sache“.“ Dennoch konnte man im DAX etwas erkennen, das gut und gerne der Startschuss einer solchen Jahresendrally hätte sein können: „Eine deutliche Aufhellung zeigt sich im DAX.“ Doch kaum war dies ausgesprochen, drehte der Markt auf dem Fuße. Nachdem die Kurse am vergangenen Mittwoch noch unter anziehenden Kursen mit einem Aufwärts-Gap nach oben schossen, trübte sich die Stimmung bereits tags darauf spürbar ein. Die Mittwochsgewinne gingen komplett verloren. Hässlich ging es am Montag weiter. Der Index sackte bis auf seine Unterstützungslinie ab, und zwar ohne nennenswerte Gegenwehr. Echte Kaufneigung kam auf dem ermäßigten Niveau nicht auf. Am gestrigen Dienstag hatten die Bären dann vollends die Regie übernommen Der DAX krachte mit einem Abwärts-Gap unter jene Unterstützungslinie, die seit Juni gehalten hatte. Charttechnisch ist dies ein klares Signal. Wieviel davon den Unsicherheiten im Vorfeld der Nvidia-Zahlen geschuldet ist, sei einmal dahingestellt. Aber es ist ganz generell nicht gesund, wenn der Quartalsbericht bzw. der Ausblick eines einzelnen Unternehmens die Kraft hat, die Aktienmärkte weltweit entweder in Entzücken oder aber in Panik zu versetzen. Heute Abend wissen wir in jedem Fall mehr.

Musterdepots & wikifolio

In der Rubrik Musterdepots & wikifolio berichten wir über eine offene und mögliche neue Transaktionen. Die Entwicklung des Aktien-Musterdepots finden Sie in Ausgabe 43. Im Musterdepotbereich können Sie sich durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich zu lesen, müssen Sie Abonnent des Substanz Investor Magazins sein und sich auf der Substanz-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@substanzinvestor.de an.

Fazit

„All eyes on Nvidia!“

Ralf Flierl, Frank Sauerland, Ralph Malisch

 

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Die Charts wurden erstellt mit stock3 und Tai-Pan von Lenz+Partner. Diese Rubrik erscheint jeden Mittwochnachmittag.

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