Edelmetalle sind DAS Thema geworden
Aus dem SchattenJahrzehnte führten Edelmetalle im Mainstream das gewollte Schattendasein. Dem Publikum wurde eingeredet, die Anlage in Gold, Silber, Platin und Palladium sei nicht mehr ganz zeitgemäß. Viele glaubten es. Nur ein harter Kern von Gold- und Silberbugs hielt einer der traditionellsten Anlagen überhaupt die Treue. Sie ahnten bzw. wussten, dass das weltweite Papiergeldexperiment nicht gut enden würde. So weit ist es zwar noch (!) nicht, aber die Warnzeichen sind inzwischen auch für Otto Normalanleger unübersehbar. Eine kontinuierlich wachsende bzw. ausufernde Verschuldung, sporadisch auftretende Inflationsschübe und natürlich der viele Jahre währende Aufschwung des Goldpreises, der so gar nicht zum gerne bemühten Narrativ einer irgendwie antiquierten Anlageform passen will.
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Kurse vs. Worte
Wenn die Einschätzungen des Hauptstromjournalismus in einem so offenen Widerspruch zur Kursentwicklung stehen, dann sollte jedem klar sein, dass die relevante Information in den Kursen, nicht aber auf dem geduldigen Papier der Redaktionen zu finden ist. Der wesentliche Grund: Marktteilnehmer haben „skin in the game“, spüren also direkt die Konsequenzen, falls sie sich auf der falschen Seite des Marktes befinden. Blickt man ein bisschen hinter die Kulissen, dann kommt hinzu, dass Gold weiter ist, was es immer war, das Anti-Fiatgeld. Schon deshalb stehen die Profiteure des Fiatgeldsystems – und das sind eine Menge – dem gelben Metall reserviert gegenüber. Neben schlechter Presse gehörten und gehören Preismanipulationen wie die Goldpreisdrückung oder Attacken über Futures-Märkte zum Repertoire.

Bärendienst auf dem Titel
Immer, wenn das Offensichtliche nicht mehr zu leugnen ist, schafft es der „Goldrausch“ dann tatsächlich mal auf die Titelseiten des Boulevards. Börsianer wissen, dass dies nicht positiv ist und meistens wird den Interessierten mit solchen reißerischen Storys ein Bärendienst erwiesen. Mit dem Titelblatt-Indikator wird nämlich das Phänomen beschrieben, dass Schlagzeile und Kursgipfel oft zusammentreffen. Dahinter steckt auch die Funktionsweise jener Medien, die am Boulevard – egal, ob Zeitungskasten oder Internet – um Aufmerksamkeit buhlen. Um es medial ganz nach vorne zu schaffen, muss bereits einiges passiert sein. Der Trend ist also schon nicht mehr ganz frisch. Zudem werden durch eine solche Berichterstattung neue Käuferschichten erschlossen, die relativ unbedarft sind, aber das Gefühl haben, etwas zu verpassen. Sie kaufen teuer und die Gefahr, dass sie enttäuscht werden, ist kurzfristig groß.
Auch diesmal folgte der allgemeinen Euphorie für Edelmetalle die kalte Dusche auf dem Fuß. Von den erreichten Spitzenpreisen ging es innerhalb von zwei Tagen um rund 9% bergab. Positiv: Die Marke von 4.000 USD/Feinunze hat der ersten Verkaufswelle standgehalten. Das muss zwar nicht so bleiben, aber dieser kräftige Rücksetzer dürfte wieder für etwas mehr Realismus gesorgt haben, was durchaus wünschenswert ist. Euphorische Käufer erzeugen regelmäßig keine nachhaltigen Aufwärtsbewegungen. Was den Kursen dagegen guttut, sind die strategischen Käufer. Notenbanken gehören dazu. Sie jagen keinen Kursen hinterher, sondern schnappen dann zu, wenn das sprichwörtliche Blut in den Straßen fließt.
Kampf um die 50-Dollar-Marke
In einem ähnlichen Ausmaß ging es in den letzten Handelstagen auch bei Silber bergab. Damit ist die Marke von 50 USD/Feinunze erst einmal wieder Geschichte. So überzeugend der Durchbruch auf die Allzeithochs in der Vorwoche auch war, der stark übergekaufte Markt benötigte eine Verschnaufpause, wie sich schon am vergangenen Freitag andeutete. Auch hier war die Gegenbewegung zwar scharf, ist aber noch kein Drama. Grundsätzlich sind solche Rücksetzer eher trendbestätigend. Die Hintergründe der aktuellen Edelmetallhausse beleuchten wir im neuen Substanz Investor 11/2025, der zum Wochenende erscheint. Hier haben wir nicht nur thematisiert, wie bedeutsam das Allzeithoch beim Silber ist, sondern stellen auch zahlreiche Edelmetalltitel vor, die noch immer interessante Chancen verkörpern und die Sie aufgrund des Ausschüttlers derzeit zum Schnäppchenpreis bekommen können.
Entspannung – auch beim Preis
Ein Rohstoff, der den Anlegern in den letzten Monaten wenig Freude machte, ist das Rohöl. Der Kurs verlief schon in einem mittelfristigen Abwärtstrend als noch ein Flächenbrand in Nahost befürchtet wurde. Mit der Entspannung in Gaza und dem Abbau der geopolitischen Prämie sackte der Preis auf ein Fünf‑Monats‑Tief. Nun wird mit Spannung auf die beiden letzten größeren Tiefs im Bereich von 56 USD geschaut. Allerdings spielt die Technik bei den Rohölpreisen nur kurzfristig eine Rolle. Bedeutsamer sind die politischen Impulse aus der Geopolitik und die Variationen beim Angebot durch das Verkaufskartell der OPEC+-Staaten, sowie die Konjunktureinschätzungen in den Verbraucherländern.
Zinshoffnungen bleiben
Was für die Anleger in Ölaktien eher unerfreulich war, dürfte sich für die Börsen insgesamt als positiv herausstellen. Denn der Ölpreis ist nach wie vor auf vielfältige Weise in der Inflationsrate enthalten. Rückläufige Energiekosten nehmen Druck von der Steigerung des allgemeinen Preisniveaus, was wiederum der US-Notenbank eine Entscheidung pro Zinssenkung erleichtern könnte. Die Fed bleibt zwar grundsätzlich lockerungsbereit, betonte aber die Rolle der tatsächlichen Daten. In die Zinskurven werden jedenfalls weitere US-Leitzinssenkungen eingepreist.

Gemischte Berichte
Derweil ist die US-Berichtssaison in vollem Gang. Gestern wurden Zahlen und Ausblick für Netflix, eine der FAANG-Aktien, vermeldet – und es gab lange Gesichter. Zwar wurden die Umsatzerwartungen der Analysten fast punktgenau getroffen, die Gewinnziele jedoch verfehlt. Hintergrund ist eine einmalige Steuerbelastung in Brasilien. Ohne diese hätte das Unternehmen auch bei den Gewinnen punkten können. Obwohl der Ausblick für das vierte Quartal positiv war, sackte die Aktie gestern nachbörslich um mehr als 6% ab. Die Reaktion ist für uns nicht überraschend, denn wir waren schon im Vorfeld eher zurückhaltend. Eine „Goodbye“-Analyse zu Netflix finden Sie im neuen Substanz Investor 11/2025.
Mit Tesla, die zu den „Magnificent 7“ gehören, berichtet heute nach Börsenschluss ein Unternehmen, dessen Chef Elon Musk umstritten wie kein zweiter ist. Besonderes Augenmerk wird auf die Entwicklung der Margen und auf den Ausblick gelegt werden. Hier geht es vor allem um Updates zum Autonomen Fahren, zum Robotaxi-Service und dem humanoiden Roboter Optimismus. Für eine Überraschung ist Tesla allemal gut, auch wenn es nicht immer eine positive ist.

“Thyssen muss man küssen”
Ältere Börsianer werden sich noch an diesen Spruch erinnern. Damit sollte gesagt werden, dass Thyssen eine gute Aktie sei. Lange ist es her. Inzwischen ist das zu Thyssenkrupp fusionierte Unternehmen in die Jahre gekommen. Der Gegenwind der deutschen Wirtschaftspolitik ist nirgends so deutlich zu spüren wie in den energieintensiven Branchen, zu denen die Stahlherstellung ganz zentral gehört. Aber im Portfolio befinden sich auch echte Perlen wie die größte deutsche Werft TKMS, die nun an die Börse gebracht wurde. Der erste Kurs lag bei 60 EUR und das Papier zog unmittelbar weiter bis auf 107 EUR an. Für den anhaltenden Rüstungsboom ist das Unternehmen bestens positioniert, was von Anlegern und Analysten entsprechend goutiert wurde. Der parallele Kursrückgang der Thyssenkrupp-Aktie um 17% spiegelt den Substanzverlust in der Bilanz wider, der durch das Herauslösen der hübschen Tochter entstanden ist. Die Altaktionäre hatten für jeweils 20 Thyssenkrupp-Aktien eine TKMS-Aktie erhalten.
Vor der Wahl
Mit seinem fulminanten libertären Reformkurs hat Javier Milei für Furore gesorgt und für von Mainstream Beobachtern nicht für möglich gehaltene Erfolge eingefahren. So wurde die Inflation deutlich reduziert, der erste Haushaltsüberschuss seit 120 Jahren erzielt und es wird für dieses Jahr ein Wirtschaftswachstum von über 5% erwartet. Das alles macht Argentinien zu einer der spannendsten Makro-Stories auf der Investmentweltkarte. Zuletzt ist der argentinische Markt jedoch nach starken Gewinnen im Jahr 2024 seit Jahresbeginn um über 50% eingebrochen. Grund waren Blockaden der Sozialisten im Kongress. Nachdem Mileis Sondervollmachten ausgelaufen sind, kann dieser die Vetos des Präsidenten mit einer Zweidrittelmehrheit aufheben, was zuletzt regelmäßig der Fall war. Sollte diese Situation Bestand haben, droht er zur „lahmen Ente“ zu werden und der Reformkurs zu scheitern. Diese Situation hat zu einem Vertrauensverlust internationaler Investoren, einem Zinsanstieg und einer verschärften Währungskrise geführt. In einer klassischen „Doom-Loop“ schaukelten sich diese Faktoren gegenseitig hoch. Eine Zusage der US-Regierung, Argentinien unter die Arme greifen zu wollen, hat die Märkte jedoch zuletzt beruhigt und die Argentinien-Bären in die Flucht getrieben. Glaubt man Experten, die die Lage vor Ort präzise verfolgen, so stehen die Chancen, dass Milei am Wochenende eine auskömmliche Mehrheit erhält, nicht sehr gut. Wir werden dennoch eine bedingte Spekulation wagen. Mehr dazu im Musterdepot.

Zu den Märkten
Am vergangenen Freitag rutschte der DAX regelrecht nach unten durch. Die Kurse eröffneten mit einem großen Gap und das Umsatzvolumen schwoll bedrohlich an. Trotz erheblicher Schwankungen schloss die Freitagssitzung dann aber im Wesentlichen dort, wo sie eröffnete. Weiter nach unten wollte der Markt also auch diesmal nicht. Der Eindruck bestätigte sich dann am Montag, als die Kurse das verloren gegangene Terrain nahezu vollständig zurückeroberten. Erneut war der Markt damit zwischen den widerstrebenden Kräften gefangen. Es gab zwar ordentlich Bewegung, das Resultat war aber nicht der Rede wert.
Musterdepots & wikifolio
In der Rubrik Musterdepots & wikifolio berichten wir heute über die Entwicklung unseres Aktiendepots im Oktober und eine Transaktion, die aber von bestimmten Bedingungen abhängig ist. Die Entwicklung des Fondsmusterdepots finden Sie dann in der nächsten Ausgabe. Im Musterdepotbereich können Sie sich durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich zu lesen, müssen Sie Abonnent des Substanz Investor Magazins sein und sich auf der Substanz-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@substanzinvestor.de an.
Fazit
Der Dämpfer für Edelmetallanleger kam schnell und hart. Eben noch waren die Aussichten bestens, dann folgte in die aufgeheizte Stimmung hinein einer der negativsten Handelstage der vergangenen Jahre. Die Korrektur war schmerzhaft, aber letztlich auch gesund.
Ralf Flierl, Ralph Malisch


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Die Charts wurden erstellt mit stock3 und Tai-Pan von Lenz+Partner. Diese Rubrik erscheint jeden Mittwochnachmittag.



