Kolumne
Gastbeitrag von Tanguy de Kerviler, Société de Gestion Prévoir
2025 war für das Universum der kleinen und mittleren Werte in Europa bislang ein gutes Jahr, wenngleich die Performance sehr uneinheitlich ausfiel. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Komponenten dieses überaus vielfältigen Universums sind deutlich ausgeprägt.
Value vor Growth
Zwischen Value und Growth ist eine Kluft bemerkbar: Der Value-Sektor übertrifft den Growth-Sektor deutlich. Seit dem 1. Januar verzeichnet Value eine Performance von +20% gegenüber +11% für Growth. Auch die Performanceunterschiede je nach Marktkapitalisierung sind erheblich. Mid Caps verzeichnen mit +23% (Mid Value) bzw. +15% (Mid Growth) die besten Ergebnisse, während Small Caps, insbesondere Small-Cap-Wachstumswerte, die seit Jahresbeginn mit +6,5% performt haben, Mühe haben, Schritt zu halten. Diese Unterschiede lassen sich durch mehrere Faktoren erklären. Je kleiner die Unternehmen sind, desto stärker sind sie der europäischen Konjunktur ausgesetzt. Umgekehrt enthalten die Indizes mit größerer Marktkapitalisierung mehr Finanzwerte, die 2025 von einer erheblichen Neubewertung profitiert haben. So legten Small Caps aus dem Finanzsektor seit Jahresbeginn um 24% zu, während der Finanzsektor in Europa insgesamt einen Anstieg von über 36% verzeichnete.
Anstieg der Bewertungen
Logischerweise ging die Outperformance von Value-Aktien mit einem deutlichen Anstieg der Bewertungen einher. So stieg das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der für die nächsten zwölf Monate erwarteten Ergebnisse kleiner Value-Aktien von 11,6 zu Jahresbeginn auf 14, während es für alle europäischen Small Caps von 14,3 auf 15,6 anwuchs. Die Konvergenz der Bewertungen ist stark: Die KGV-Differenz beträgt nur noch 1,6 Punkte gegenüber 2,7 Punkten zu Jahresbeginn. Bemerkenswert ist, dass das Value-Universum nun ein höheres erwartetes Gewinnwachstum pro Aktie aufweist als die europäischen Small Caps insgesamt: +19,3% in den nächsten zwölf Monaten gegenüber etwas mehr als +10% für das gesamte Universum. Erst 2026 werden sich die Wachstumsraten angleichen.
Fazit
Für einen Qualitäts- und Wachstumsmanager wie mich wirft diese Situation Fragen auf. Einige Werte aus dem Value-Universum wurden in die Portfolios aufgenommen, da ihre Fundamentaldaten nun in das Wachstumsinvestmentuniversum fallen. Das erwartete Wachstum der Zwölf-Monats-Gewinnschätzungen meines Wachstumswertportfolios liegt bei 19,4%. Wenn das Segment „Value Small Caps“ ein Ergebniswachstum aufweist, das doppelt so hoch ist wie das des Small-Cap-Universums und mit dem der Wachstumsportfolios übereinstimmt, kann man sich zu Recht fragen, wo der und wo Wachstum liegen. Diese Situation lässt sich durch mehrere Faktoren erklären: Fundamentale und geopolitische Faktoren (Versteilung der Zinskurve, Krieg in der Ukraine, geopolitische Spannungen) wirkten 2025 zugunsten von Value, während das Wachstum unter einer besonders schwachen Konjunktur in Europa litt. Der Anstieg der Value-Multiplikatoren und der Rückgang der Multiplikatoren im Wachstumsuniversum sind logische Folgen. Der Unterschied wird sich nun in der Qualität der Bilanzen und der Solidität der Wachstumsaussichten zeigen. Das Jahr 2026 wird der Konvergenz sein – oder die „Qualitätswachstumsmanager“ werden zwangsläufig zu Value-Managern.
Tanguy de Kerviler ist Absolvent der EM Lyon und der SFAF sowie Inhaber des CESGA. Er begann seine Karriere in der Vermögensverwaltung einer großen Versicherungsgruppe. Nach acht Jahren wechselte er Ende 2001 zu CA Cheuvreux (CA CIB), dann zu Credit Suisse. 2019 kehrte er in die Vermögensverwaltung der CDC Croissance zurück, einer Tochtergesellschaft der Caisse des Dépôts, die sich auf kleine und mittlere Werte konzentriert. 2022 wurde er bei Prévoir Asset Management zum Fondsmanager des Prévoir Perspectives (WKN: A1XCQU) berufen.


